Aufnahme geflohener Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine – ein Rahmenkonzept
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Den geflohenen Kindern und Jugendlichen soll ein gutes Ankommen an den bayerischen Schulen ermöglicht werden. Im Vordergrund steht das Ziel, durch feste Strukturen und Ansprechpartner ein gewisses Maß an Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln. Zudem sollen die geflohenen Kinder und Jugendlichen den schulischen Alltag kennenlernen. – KMS vom 1.4.2022, SF-BS4400.10/219/2
Schulische Integration von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine
Für Kinder und Jugendliche, die dem Unterricht wegen mangelnder Kenntnis der deutschen Sprache nicht folgen können, werden – unabhängig vom Einsetzen der Schulpflicht – an den Schulen schulartunabhängige „Pädagogische Willkommensgruppen“ als besondere Unterrichtsgruppen eingerichtet. Diese Kinder werden an Schulen mit diesen Willkommensgruppen als Schüler aufgenommen. Mit den Pädagogischen Willkommensgruppen soll eine erste schulische Integration erfolgen. Daneben ist aber auch eine Beschulung in konzeptionell bereits bestehenden besonderen Klassen oder Unterrichtsgruppen, z.B. Deutschklasse, möglich.
Diese bereits eingerichteten Klassen und Maßnahmen sollen aufgefüllt werden – auch in einem pädagogisch vertretbaren Rahmen über die bisher geltenden Klassen- bzw. Gruppengrößen hinaus. Schüler, die dem Unterricht aufgrund hinreichender Sprachkenntnisse folgen können, können als Regelschüler aufgenommen und beschult werden. Eine Aufnahme als Regelschüler an der Grund- und Mittelschule kommt auch dann in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass der Spracherwerb auch durch die Teilnahme am Regelunterricht – ggf. mit zusätzlicher Deutschförderung – ermöglicht werden kann. Dies gilt insbesondere für Schüler im Grundschulalter. Die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs ist weiterhin Voraussetzung für die Aufnahme an einer Förderschule. Die Aufnahme an Förderschulen erfolgt grundsätzlich in die Regelklasse.
Das Medieninstitut der Länder hat auf MUNDO ukrainische Lehrwerke verlinkt. Diese können dort über die Suche „Ukraine Schulbuch“ schnell gefunden und ohne Passwort oder Kennung genutzt werden. Auch der Zugriff auf ukrainische Lehrwerke des Faches Deutsch als Fremdsprache ist möglich über die Suche „Ukraine Schulbuch deutsch“. Zudem stehen auch ukrainische Bildungsmedien auf mebis zur Verfügung, die auch auf die Sprache „Ukrainisch“ umgestellt werden können.
Tages- bzw. wochenstrukturierendes Angebot mit folgenden Elementen [mehr]
Einrichtung erfolgt nicht zwingend als geschlossene Gruppe. Je nach Begabung und Neigung können die Schüler auch phasenweise auf einzelne Klassen aufgeteilt werden
Betreuung erfolgt durch feste Bezugspersonen. Hierfür kommt pädagogisches Personal in Betracht, das unter dem Begriff „Willkommenskräfte“ zusammengefasst wird, z.B. Drittkräfte
Lehramtsstudierende, pensionierte Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte, aber auch ehrenamtliche Kräfte aus dem Umfeld der Schule können eine wichtige Funktion einnehmen
Sie weisen keine schulartspezifische Prägung auf
Sie sollten zwischen 10 und 20 Teilnehmer umfassen
Gruppen mit mehr als 20 Teilnehmern sind möglich, wenn einzelne Teilnehmer zunehmend in den Regelunterricht integriert werden
Willkommens-Kleingruppen von fünf bis neun Schülern sind ca. vier bis sechs Wochen genehmigungsfähig
Sofern keine Räume in der Schule zur Verfügung stehen, ist mit Zustimmung des Schulaufwandsträgers auch eine Betreuung in geeigneten Räumlichkeiten außerhalb der Schule möglich
Die tägliche Dauer des Angebots hängt von den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen sowie den personellen und räumlichen Ressourcen vor Ort ab. Grundsätzlich können Angebote auch am Nachmittag stattfinden
Die Verantwortung für die Durchführung liegt bei der Schulleitung. Sie stimmt die pädagogische Konzeption und ihre Umsetzung mit den Willkommenskräften ab
Einrichtung Die Einrichtung wird durch die jeweils zuständige Schulaufsicht gesteuert. Hierfür werden für die Dauer des Schuljahres 2021/22 auf Ebene der Landkreise bzw. kreisfreien Städte Steuergruppen eingerichtet.
Zusammensetzung der Steuergruppen: Grund- und Mittelschulen werden durch das zuständige Schulamt und Realschule und Gymnasium durch die Ministerialbeauftragten vertreten. Berufliche Schulen werden durch die Regionalkoordinatoren für Berufsvorbereitung eingebunden.
Aufgaben der Steuergruppen:
Beobachtet den Zuzug von geflohenen Kindern und Jugendlichen und steht in engem Kontakt mit den für die Aufnahme zuständigen Stellen.
Informiert die Staatlichen Schulberatungsstellen über das Entstehen besonderer Beratungsbedarfe im Bereich Schullaufbahnberatung und pädagogisch-psychologische Beratung.
Formuliert Lehrerfortbildungsbedarfe
Stellt sicher, dass Willkommensgruppen in ausreichender Zahl eingerichtet werden
Legt ein Verfahren fest, dass eine gleichmäßige Auslastung der personellen und räumlichen Ressourcen an den stattlichen Schulen herbeigeführt wird.
Stellt sicher, dass bei der Einrichtung einer Willkommensgruppe im Zusammenwirken mehrerer Schulen eine Schule die Verantwortung und Aufsicht hat.
Pädagogische Hinweise zur Aufnahme Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine
Die geflohenen Kinder und Jugendlichen sollen sich auch außerhalb der Pädagogischen Willkommensgruppen an den Schulen angenommen und sicher fühlen. Entsprechend gilt an den Schulen gegenüber Mobbing und Diskriminierung eine klare Null-Toleranz-Strategie. Im Sinne des fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziels soll die Schule ein geeigneter Ort sein, um in einem geschützten Rahmen offen und altersangemessen über kriegerische Auseinandersetzungen sprechen zu können. Die Schüler sollen auch im Unterricht Raum bekommen, ihre Ängste und Sorgen zum Ausdruck zu bringen, um in einem demokratischen Diskurs einen eigenen Standpunkt zum aktuellen Geschehen zu entwickeln.
Achtung: Aufklärungsarbeit ist wichtig
Dabei ist ggf. Aufklärungsarbeit zu leisten und Falschinformationen, sog. „Fake News“, als solche zu thematisieren. Um vorzubeugen, dass sich der Konflikt in den schulischen Bereich überträgt, ist es wichtig darauf zu achten, dass der Krieg nicht als Konflikt zwischen Nationen dargestellt wird und die Akteure richtig benannt werden. Die Kinder und Jugendlichen dürfen nicht aufgrund politischer Entscheidungen in ihren Herkunftsländern stigmatisiert oder für diese verantwortlich gemacht werden. Eine besondere Sensibilität ist daher bei Schülern mit Verbindungen nach Russland und in die Ukraine geboten. Bei Konflikten an Schulen stehen innerschulisch als Ansprechpartner die Schulpsychologen und die Beratungslehrkräfte zur Verfügung. Weitere Informationen zu Unterstützungsangeboten sind unter www.schulberatung.bayern.de zu finden.
Psychisch stark belastete und traumatisierte Kinder und Jugendliche
Werden in Pädagogischen Willkommensgruppen psychisch stark belastete und traumatisierte Schüler betreut, stehen neben den bekannten Ansprechpartnern (siehe unter „Pädagogische Hinweise“) zusätzlich auch die Kriseninterventions- und Bewältigungsteams bayerischer Schulpsychologen (KIBBS) zur Verfügung. Seitens KIBBS wurde ein Schreiben mit Empfehlungen erstellt, welches unter www.km.bayern.de/krieg-in-der-ukraine/hinweise-zum-umgang-in-schulen einsehbar ist. Auch die Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) kann die Kinder und Jugendlichen unterstützen, wenn Bedarf besteht.
Mehr zu diesem Thema
finden Sie in unserer Online-Datendank des SchulleiterABC`s